Erklärung zur gegenwärtigen Lage der Heinrich-Heine-Gesamtschule – Austritt aus der Sozialdemokratischen Partei Deutschlands

Verfasst von Dr. Heinrich Parting, Leitender Gesamtschuldirektor i.R..

Bevor ich auf die Gründe meines Parteiaustritts näher eingehe, gestatten Sie mir eine kurze Rückschau auf meine Tätigkeit für diese politische Organisation. 

In meiner bereits über fünfzigjährigen Mitgliedschaft in der SPD habe ich bereits am Anfang im dörflich –konservativen Feld meines Heimatortes In den gemeinsam mit den anderen Mitgliedern 1969 erfolgreich für den Wahlsieg Willy Brandts gestritten.

In meiner späteren beruflichen Tätigkeit als Lehrer und Schulleiter habe ich es als meine vornehmste Aufgabe betrachtet, sozialdemokratische Positionen der Bildungspolitik, die sich an der Chancengleichheit für Kinder aus allen gesellschaftlichen Schichten orientiert, zu vertreten und durchzusetzen.

Nach der Ausbildung zum Gymnasiallehrer trat ich 1982 meine erste Stelle an der Käthe Kollwitz-Gesamtschule Leverkusen an. Während meiner vierjährigen Tätigkeit an dieser zweitältesten Gesamtschule des Landes NRW des Landes lernte ich, die Organisationsstrukturen dieser besonderen Schulform zu begreifen und ihre gesellschaftliche Relevanz zu schätzen.

In den Jahren 1985 und 1986 habe ich mit anderen Kollegen im Auftrag der Bezirksregierung Köln das Anmeldeverfahren für die erste Gesamtschule Aachen durchgeführt, welches letztendlich im zweiten Durchgang trotz großer Widerstände erfolgreich war.

Als Mitglied des Gründungskollegiums habe ich von 1986 bis 1989 engagiert am Aufbau der späteren Heinrich-Heine-Gesamtschule mitgearbeitet, zuletzt als Assistent der Organisationsleitung.

Im Jahr 1989 wurde ich unter einer SPD Mehrheit in der Stadt Alsdorf zum stellvertretenden Schulleiter der Gustav-Heinemann-Gesamtschule gewählt. Deren Aufbau habe ich als einziges Gesamtschul erfahrenes Mitglied des Gründungskollegiums über zwei Jahre maßgeblich begleitet.

1991 wurde ich zum Gründungsschulleiter der Willy-Brandt-Gesamtschule Übach-Palenberg, einer gleichfalls SPD-regierten Stad, berufen. Ich habe diese Schule gegen beträchtliche Widerstände, selbst der eigenen Parteifreunde, bis 2002 geleitet und zu einer erfolgreichen Schule gemacht.

Auf eigenen Wunsch habe ich mich 2002 an die 1. Gesamtschule Aachen zurückversetzen lassen. Dort stand es nicht zum Besten und ich hatte den Auftrag, erneut klare Strukturen zu schaffen. Es wurden Strukturen verändert und neue pädagogisch Vorhaben in Angriff genommen. 

Dazu zählen beispielsweise.

Die Situation verbesserte sich allmählich und das Kollegium hat fast ausnahmslos mit höchstem Engagement die beschlossenen Vorhaben betrieben und umgesetzt. Selbst in den letzten anderthalb Jahren vor dem drohenden Abgrund wurden die Anstrengungen nochmals verstärkt und die Bemühungen der Kolleginnen und Kollegen ließen nicht nach.

Vergeblich, eine desaströse, und ich meine unwahrhaftige Schulpolitik, hat alle Bemühungen konterkariert.

Ich will in diesem Zusammenhang in Erinnerung rufen, dass mir bereits vor etlichen Jahren ein ehemaliges einflussreiches Ratsmitglied der SPD bedeutet hat, dass die Wahl des Standortes für die Heinrich-Heine-Gesamtschule in Laurensberg eine schwerwiegende Fehlentscheidung gewesen sei. – Während eines Gespräches mit den Entscheidungsträger der SPD aus Kohlscheid und Aachen im Hause der SPD im Jahre 2011, in dem ich auf die Folgen einer Gesamtschul-Neugründung in Herzogenrath für Laurensberg hingewiesen habe, erklärte der damalige Landtagsabgeordnete: Wenn die Zahlen in Aachen eins eben nicht mehr ausreichen würden, könne man diese Schule ja in eine Sekundarschule umwandeln. An diesem Punkt stehen wir jetzt.

Mit der Errichtung einer 4. Gesamtschule am 1. August 2011 in der Sandkaulstraße wurde die Heinrich-Heine-Gesamtschule von einem wesentlichen Teil ihres traditionellen Klientels abgeschnitten. Unmittelbar vom Bushof zu erreichen, ersparte der Besuch der vierten Gesamtschule Schülerinnen und Schülern, aus unterschiedlichen Stadtvierteln kommend, etwa 20 Minuten Fahrzeit jeweils bei der Hin- und Rückfahrt. Diese nicht nachvollziehbare Entscheidung bedeutet einen nicht wett zu machenden Standortvorteil, der die Heinrich-Heine-Gesamtschule etwa zwei Züge kostete. 

Aber es kam noch schlimmer: Die Errichtung einer Gesamtschule in Kohlscheid am 01. August 2012 bescherte der Heinrich-Heine-Gesamtschule Aachen in unmittelbarer räumlicher Nähe eine weitere Konkurrentin. Diese schöpfte die Schülerschaft aus Kohlscheid und Umgebung, die sich vorher nach Laurensberg orientiert hatte, wegen ihrer besseren Lage ab. Weitere anderthalb Züge gingen verloren. 

Die Heinrich-Heine Gesamtschule erreichte aus eigener Kraft keine Vierzügigkeit mehr. Sie war andererseits wegen ihrer freien Kapazitäten gezwungen, die abgelehnten Kinder der übrigen Gesamtschulen Aachens aufzunehmen. Deshalb kamen in der Heinrich-Heine-Gesamtschule gehäuft verhaltensgestörte, leistungsschwache oder lerngestörte Kinder zusammen. Die hohe Anzahl dieser Schülerinnen und Schüler wurde zu einem Problem, das wir aus eigener Kraft kaum bewältigen konnten. Trotzdem hat das Kollegium für diese Kinder mit Lernschwierigkeiten mit hohem pädagogischen und persönlichen Einsatz viel erreichen können. Für etliche von ihnen war unsere Schule die letzte Chance.

Aber: Der Ruf als Problemschule festigte sich zunehmen in den Köpfen der Elternschaft. Das Ergebnis sehen wir heute.

Bereits kurz nach der Gründung der 4. Gesamtschule in Aachen habe ich mich an die großen Fraktionen des Aachener Stadtrates, an den Schulträger und den damaligen Dezernenten der Schule (Bezirksregierung Köln) gewandt und schriftlich eine eingehende Analyse der Situation vorgelegt. 

Schwerpunkte dieser damaligen Analyse waren:

Diese Themen habe ich in intensiven Gesprächen mit den einzelnen Vertretern der Parteien erörtert und vertieft. Es wurde allseits Verständnis gezeigt und Unterstützung zugesagt - Lippenbekenntnisse.

Ich habe seinerzeit vorgeschlagen, die Schule an einen anderen Standort im Ostviertel zu verlegen. Dort hätte die Schule eine gute Überlebenschance gehabt. Aber dem widersprachen wohl andere parteipolitische Interessen. 

Stattdessen wollte bzw. will man nun eine neue fünfte Gesamtschule etablieren und im Zuge dessen die erste Aachener Gesamtschule schließen. Dabei wird ein Kollegium auseinandergerissen, das seine Kompetenz und hervorragende Zusammenarbeit unter Beweis gestellt hat. Das verstehe, wer will.

Fazit: Die Kolleginnen und Kollegen einer höchst engagierten Schule müssen nun die inkompetenten politischen Entscheidungen der Vergangenheit ausbaden. Dabei hat man über Jahre hinweg ihre Hilferufe und Vorschläge (auch von mir als verantwortlicher Schulleiter) ignoriert, offenbar in der Erwartung, dass sich das Problem schon von selbst lösen werde. Das hat es jetzt getan, wobei eine Zuweisung des „Schwarzen Peter“ an die Bezirksregierung Köln völlig unangemessen ist.

Dr. Heinrich Parting

Leitender Gesamtschuldirektor i.R.

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